Segelschnupperkurs, Segelgrundkurs und Segelgrundschein sind noch frisch in der Erinnerung, und seit einem Monat Mitglied im Segelclub und eine eigene kleine Jolle in Aussicht – beste Voraussetzungen für einen enthusiastischen Anfänger, um sich ins Wasser zu stürzen und Wind und Wellen anzuvertrauen. Der Himmel blau, die Luft sommerlich mild, das Ostseewasser badefreundlich und nicht zu kühl, der Wind aus NO mit angesagten 3 bft – beste Bedingungen, was kann da schon schiefgehen?!
Schnell wurde die Jolle aufgetakelt und an den Strand geschoben. Schnell war der Neopren übergestreift, die unvermeidliche und schweißtreibende Hitzeaufwallung durch denselben gerne in Kauf genommen in Erwartung der lindernden Meeresfrische. Schnell eilte auch der erwartungsfrohe Neuling an den Strand.
Ein Katamaran nach dem anderen löste sich vom Ufer und flog gegen den Wind in Richtung Seebrücke. »Das kann ich auch!« dachte sich der Neuling, sprang ins Boot, und dachte kaum noch an die Mahnung des Segeltrainers: »Komm lieber mit auf den Cat, der Wind ist heute viel zu stark für dich!« – Haha! – und schon drückte der Wind das kleine Boot gegen die nächste Buhnenreihe. Der Großbaum schabte mit häßlichen Geräuschen den grünen Belag vom Holz, und die Großleine legte sich zärtlich um eine Buhne. Na toll! Rüberbeugen und die Leine klären – denkste, das Boot neigte sich schon beim ersten zaghaften Versuch bedrohlich auf die Seite und drohte, ganz über die Buhnen zu kippen. So geht es also nicht – ab ins Wasser und ganz dicht ran! Nicht so ganz einfach, wenn man dabei immer wieder zwischen Boot und Buhnen gerät und der Wind nicht aufhört, dagegen zu drücken. Geschafft! Schnell zurück zum Ufer und neu gestartet.
Beim dritten Versuch endlich an den ollen Buhnen vorbei – geht doch! Nun aber hinter den anderen her, wir wollten doch zusammenbleiben. Der Wind wurde gefühlt stärker – aus den angesagten 3 bft waren mittlerweile 4 bis 5 geworden. Soviel Wind hatte der Neuling bisher noch nie im Boot um seine Nase wehen lassen. Fühlte sich ziemlich ruppig an, und das Boot reagierte unangenehm aggressiv auf jede Böe und jeden kleinen Fehler an Großschot und Ruderpinne. »Läuft nicht so gut, lieber umdrehen und zurück!« dachte sich der Neuling noch – da lag er schon im Wasser und sah staunend auf die gekenterte Jolle.
So’n Schiet! – Kentern und Aufrichten wollte er auch noch üben, aber doch nicht heute! Weit und breit kein anderes Boot in der Nähe. Gut, also mal überlegen, Großleine ist klar, die war eh nicht festgeklemmt, Hand ans Boot, hin zum Schwert, mit beiden Händen ranhängen, uuund – tatsächlich, langsam neigte sich die Schwertspitze zum Wasser herunter, die Mastspitze hob sich aus dem Wasser, und das Boot richtete sich wieder auf. Wassertropfen perlten vom Segel und glänzten in der Sonne, stolz ragte der Mast wieder in den Himmel, und stolz blickte der Neuling um sich – seht her, ich hab’s geschafft, ganz alleine. Niemand hatte es gesehen. Trotzdem ein gutes Gefühl, für den Moment.
Nun aber wieder hinein ins Boot und weiter – richtig, er wollte ja zurück zum Strand. Aber der Wind hörte nicht auf zu wehen, und das Boot fuhr in die falsche Richtung. Also wieder wenden – tja, und wieder lag das Boot auf der Seite. »Nicht mein Tag heute – also noch einmal!« …
…und dann auch noch ein drittes Mal. Die Segelfreunde auf den Katamaranen hatten heute auch viel Spaß und fuhren später noch ein zweites Mal raus, und die kleine Jolle und der Neuling lernten einige sehr hilfsbereite Menschen kennen, die zuvor vom Strand aus sehr aufmerksam die seltsamen Segelmanöver beobachtet hatten. Sie holten beide aus dem Wasser und brachten sie sorgsam auf das Club-Gelände zurück. Lieben Dank nochmal, ihr coolen Typen vom DLRG und feels Wassersport Center!
Am Abend kamen sie dann alle wieder zusammen, die kleinen und die großen Segler, die Neulinge und die alten Hasen. Der Grill wurde angefeuert, Bier- und Weinflaschen geöffnet, Grillfleisch und Grillgemüse zurechtgelegt, Couscous, Nudelsalat, Antipasti und unzählige Würzsaucen aufgetischt. Beim Genuss der vielen Köstlichkeiten wurden die Segelabenteuer des Tages ausgewertet und die kleinen Blessuren mit heilender Aufmerksamkeit bedacht, und als dann auch das eine oder andere kleine Segel-Seemannsgarnknäuel abgerollt wurde, stellte der heute etwas gebeutelte Neuling erleichtert fest: »Heh, die Anderen sind am Anfang auch alle mal gekentert.«
Lieben Dank an Euch, Segelclub Kühlungsborn e.V. – bei Euch fühle ich mich wohl. 🙂